Gerade bin ich in meinem Büro angekommen und packe meine Buchhaltungsunterlagen auf mein Pult. Zwei schwere Ordner habe ich in meinem Einkaufskorb mitgeschleppt. Es ist so ein französischer Bast-Korb zum Umhängen, eigentlich für die Einkäufe auf dem Markt gedacht oder für Badetuch, Sonnencreme, Buch und Bikini für den Strandausflug. Während ich meinen Kopf in den Korb stecke um noch letzte Quittungen herauszuklauben, steigt mir dieser korbige Bastduft in die Nase – der Korb ist noch neu. Ich schnuppere nochmals, weil dieser Duft etwas in mir anklingen lässt, etwas längst vergessenes und dann, plötzlich tun sich in mir diese Bilder auf: Ferien in Südfrankreich, Pinien und Palmen, Sonne, Sand und Strand und mein Gummiboot – kindliches Glück.
Ich war elf und habe mich verliebt in Frankreich und in den Süden und seine Düfte.
Seither schlägt mein Herz höher, wenn ich nur die Grenze zu Frankreich überschreite. Der Duft von Lavendel und Pinien, Rosmarin und Thymian setzt sofort Glückshormone in mir frei und ich weiss dann, es geht mir gut.
Da sitze ich nun in meinem Bürostuhl und vor meinem Fenster ziehen graue Regenwolken vorbei. Doch während der Wind erste Schauer an die Fenster peitscht, schliesse ich die Augen, schnuppere nochmals an meinem französischen Bastkorb und erinnere mich an südliche Gefilde, an den Markt in St. Tropez und den Strand in la Croix-Valmer, an laue Sommerabende, gegrillten Fisch und Lamm in provencalischer Kräuterkruste, die ich als Kind natürlich noch nicht so geschätzt und abgekratzt habe. Damals war die Côte d’Azur noch nicht so überlaufen, der Strand noch frei zugänglich und spärlich bevölkert. Ja, damals, war ich ein Kind und das Meer und mein Gummiboot machten mein ganzes Glück aus.
Und immer wieder einmal passiert es mir, dass mich ein Duft längst vergangener Zeit in die Nase steigt und sofort Erinnerungen wachruft. Düfte haben eine direkte Verbindung zur Vergangenheit. Wir speichern nicht nur Bilder ab, sondern auch oder vor allem die entsprechenden Sinneseindrücke.
Darum kann es dann auch passieren, dass wir ein bestimmtes Lied nach zerbrochener Liebe nicht mehr hören können ohne sofort in Tränen auszubrechen oder ein After Shave, das an einem angeschwärmten Männerhals himmlisch riecht an einem anderen stinkt. Daher auch der Ausdruck: Ich kann den nicht riechen!
Darum höre ich immer noch ab und zu die erste CD, die mir mein Mann in der Balzphase geschenkt hat, weil sie mich an unsere wunderschöne, erste Zeit erinnert, als wir frisch verliebt waren und manchmal schnuppere ich an seinem Schal, weil ich ihn immer noch so gut riechen kann.
Und wenn wird zusammen gegen Süden fahren, durch Pinienwälder streifen und aufs Meer schauen, wenn sich der herbe Nadelgeruch mit einer frischen Salzprise mischt, dann ist mein Glück perfekt….. und manchmal erinnere ich mich….. und vermisse mein Gummiboot.