Mehr Selbstbewusstsein zum Frauentag!

Frauentag! Was soll ich dazu sagen? Was will ich dazu sagen? Habe ich etwas dazu zu sagen? Ich, die ich mich immer noch im inneren Clinch befinde, weil ich keine Karriere im üblichen Sinne vorzuweisen habe. Ist es meine eigene Schuld oder hat es etwas mit der Stellung der Frau in der Gesellschaft zu tun? Sind es sowieso Fremderwartungen, die mich nicht zur Ruhe kommen lassen oder mein eigener Wunsch „es noch zu etwas zu bringen“? Sind das Fragen, die an diesem Tag eine Relevanz haben?

Vielleicht.

1964 geboren, gehöre ich möglicherweise noch zu den Frauen, deren Chancen weniger gut waren als die der jungen Frauen heute. Ziemlich sicher sogar. In dreissig Jahren wird sich wohl so einiges getan haben. Allerdings meinte ich mit zwanzig, mir stünden alle Möglichkeiten offen, wenn ich sie nur ergreifen würde. Mir war nicht bewusst, dass es 1984 erst seit dreizehn Jahren das Frauenstimmrecht gab, also noch nicht als ich geboren wurde. Hätte sich meine Mutter von meinem Vater getrennt oder hätte er sie sitzen lassen, wäre sie möglicherweise in ein Heim für gefallene Mädchen gesteckt und ich nach der Geburt zwangsadoptiert worden. Meine Mutter war Chefsekretärin und hatte den besseren Job als mein Vater. Doch es stand ausser Frage, dass sie gearbeitet hätte und er die Familienarbeit übernommen hätte. Kein Gedanke! Die Leute hätten gesagt: Der Mann kann seine Familie nicht ernähren. 

So bewusst war mir das in jungen Jahren nicht. Ich war politisch zu wenig interessiert, habe lieber gross geträumt und mich im wahren Leben klein gemacht. Hat man das nicht von den Mädchen erwartet? Die Verwirklichung meiner Träume ist mehrheitlich gescheitert – an meinem mageren Selbstbewusstsein. „Selber schuld! Hättest Du nur Dein Studium abgeschlossen! Wärest Du nur ausdauernder gewesen, mutiger, durchsetzungsfähiger….. etc., etc.“ Mit solchen Selbstvorwürfen quäle ich mich öfters herum und dabei verliere ich natürlich gerne und schnell aus den Augen, was ich in meinem Leben geleistet habe – als Familienfrau. Doch ich hätte studieren dürfen, eine Chance, die der Generation Frauen vor mir oft verwehrt war.

Irgendwie geht es aber doch genau darum. Wie finden wir Frauen zu einem starken Selbstbewusstsein um eben die gegebenen Chancen auch zu nutzen? Oder wenn wir das nicht konnten, anzuerkennen, dass wir oft keine geeigneten Vorbilder hatten und trotzdem so einiges geleistet haben, was Anerkennung verdient?

Die alten Rollenmuster sind in Auflösung begriffen. Das gefällt mir. Gleichzeitig bedaure ich es, dass ich noch nicht dieselben Möglichkeiten und nicht dieses Selbstverständnis hatte, das es wohl braucht um sich in der immer noch männerdominierten Welt zu behaupten.

Würde wirkliche Gleichberechtigung nicht unter anderen Vorzeichen laufen, mit Spielregeln, die unserem weiblichen Wesen mehr entsprächen? Geht es gar nicht nur darum wieviele Frauen in den Chefetagen sitzen, sondern viel mehr darum, dass weibliche Arbeit, wo auch immer sie ausgeführt wird, als wertvoll erachtet wird und gleich entlöhnt wird? Und vergessen wir nicht die grosse Arbeit, die Frauen in der Familie und auf gemeinnütziger Basis leisten – eben unentlöhnt! Sie erscheint in keinem Curriculum und wenn nur als Karrierepause, die sich nachteilig auf den Wiedereinstieg und die Jobsuche auswirkt.

Wie wollen wir Frauen unser Selbstbewusstsein als starkes Geschlecht aufbauen, wenn wir unsere Erfolge nur an den Mustern der Männerwelt abgleichen? Wir haben Jahrhunderte lang Familienarbeit geleistet, die wir nicht einmal selber wertschätzen.

Jede Frau soll das Recht haben jeden Beruf auszuüben und dafür den gleichen Lohn zu erhalten wie ein Mann. Jeder Mann soll auch die typischen „Frauenberufe“ ausüben dürfen ohne als Schwächling belächelt zu werden.

Aber vielleicht sollte auf dem Weg dahin nicht vergessen werden wie gross unsere Erfahrung auf gewissen Gebieten ist.

Es soll mir doch mal ein Mann erklären, wie man ein Familienunternehmen leitet!

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