Wie jeden Morgen streife ich mit meinem Hund durch den stillen Wald. Heute ist es trüb und nass. Es hat geregnet. Festgekrallt im einheitsbraunen Laubboden, wie riesige Drachenfüsse sind grünleuchtend bemooste Laubbaumstämme. Über uns ein dunkles Dach aus Tannengrün. Die Stille wird nur durch meinen hibbeligen Junghund durchbrochen, der im Zickzack durch den Wald fegt und seine Nase durchs dichte Laub wühlt.
Plötzlich hebt sie den Kopf und stellt die Ohren. In einem der mächtigen Baumstämme klopft’s. Weit oben in der Baumkrone, vor unseren Blicken verborgen, muss ein Specht sitzen. „Tock, tock…..tock, tock.“
Unsere immer gleiche Morgenrunde – der Mensch ist ein Gewohnheitstier und der Hund ein Tier, das sich an seinen Mensch gewöhnt – hat schon einen neuen Trampelpfad durchs Unterholz gezogen. Wenn dann irgendwann mal Schnee liegt, müssen wir uns wieder an den Bäumen orientieren. Mein Hund kennt den Weg schon und wird mit zunehmendem Alter frecher und entfernt sich immer weiter von mir. Manchmal scheucht sie ein Reh auf. Von weitem sehe ich nur noch ein weisses Hinterteil, das sich in grossen Sprüngen davonmacht. Ich versuche den Hund zurückzupfeifen. Manchmal kann das Goodie in meiner Hand locken und manchmal sind die Teenagerhormone oder der Jagdtrieb stärker. Vielleicht muss ich sie morgen an die Leine nehmen.
Trotzdem sehe ich täglich die Rehe im Wald, jetzt halt nur noch von hinten. Ich freue mich und dieses dankbare und friedvoll feierliche Gefühl stellt sich wieder ein. Bald ist Weihnachten. Hier im Wald kann ich es finden.
Und gestern auf dem Polizeiposten Urania: Da musste ich mit meiner Tochter hin. Sie hat geklaut, im Kiosk Tiefenbrunnen. Auf ihrem Arbeitsweg kauft sie allmorgendlich einen Energy Drink – nicht zu meiner Freude, aber das ist ein anderes Thema. Da ist ihr wohl das Geld ausgegangen und der Wunsch nach einem Drink war stärker als die Vernunft. Die Kioskfrau hat sie erwischt und wollte sie stellen. Meine Tochter rennt davon, will aufs Tram. Die Kioskfrau hinterher. Tochter kann jetzt nicht richtig reagieren, verweigert, hält sich die Ohren zu und die Frau verliert die Nerven und schlägt zu. Tochter heult und Passanten rufen die Polizei. Alles gut. Schlagen geht nie! Klauen ist aber auch blöd. Schön, dass immer jemand da ist, der sich für meine Grosse einsetzt. Nun, bei der Polizei sind Tochter und Frau dann schon ziemlich eingeschüchtert. Man will ja nicht ins Gefängnis und auch keine Anzeige wegen Tätlichkeit. Jede schildert den Tathergang und der junge fesche Polizist mit Bart vermittelt virtuos.
Zum Schluss verlassen wir befriedet den Posten, auf Anzeigen haben wir verzichtet, Entschuldigungen sind ausgesprochen, man wird’s nie mehr tun und kann aufrecht nach Hause gehen. Das Weltgeschehen könnte sich eine Scheibe abschneiden. Friede sei mit Euch.
Bald ist Weihnachten!