Der letzte Tag in diesem Jahr! Schon wieder! Ach ja und wie schnell die Zeit vergeht und wie wenig das Jammern darüber bringt.
Dann wechsle ich jetzt auf die andere Schiene, schaue zurück, wie man das so tut und suche nach den schönen Ereignissen. Da gibt es Einiges, das mir einfällt. Obwohl ich mich manchmal in wechseljährigen Hitzeschüben und Schweissausbrüchen aufzulösen drohte und viel Kraft und Zeit für die Pflege meiner Schmerzknies draufging, konnte ich mir doch diesen Blick bewahren, der sich immer wieder am Schönen festmacht und die Freude auffordert, sich zu ihm zu gesellen. So vieles macht mein Leben reich: Mein lieber Mann, der mir auch mein verlässlichster Freund geworden ist, meine wunderbaren Kinder und auch seine, ohne die ich mir mein Leben nicht vorstellen könnte, unser Hund, in den wir total vernarrt sind und die prachtvolle Landschaftskulisse in der wir leben und die mich jeden Morgen mit einem neuen Kleid überrascht, die Bergwelt der Surselva, die uns in ihren Frieden aufnimmt, wann immer wir ihn suchen, meine Eltern, die mir ihre Ferienwohnung zur Verfügung stellen und mir im Leben einiges ermöglicht haben, meine Schwiegermutter, die uns immer wieder mit Kulinarischem beglückt und unsere Freunde, mit denen wir auch dieses Jahr Feste gefeiert und so manchen schönen Abend verbracht haben und ganz wichtig! meine Bücher und mein Schreiben, die mir immer zur Seite stehen um dem grauen Alltag zu entfliehen, um das Schöne festzuhalten, damit es nicht vergessen wird, und um mir zu helfen zu verstehen, was in meinem Kopf so alles vorgeht (es ist viel!). Ich bin Erinnerer und Bewahrer. Darum könnte ich Seiten füllen mit allem Guten, das mir nur im diesem einen Jahr passiert ist. Ich habe ein gutes Gedächtnis.
Es gibt aber auch eine andere Seite in mir, die sich manchmal vorzudrängen weiss, gerade in dieser Zeit des Jahres, die den Kopf hängen lässt, weil es auch das Vergessen gibt. Sie ist unzufrieden und melancholisch. Sie fürchtet das Vergessen und will es mit Erfolg bekämpfen. Sie fragt mich, was ich in diesem Jahr Besonderes geleistet habe. Ob das Buch, das ich schreibe, jetzt endlich fertig ist, ob ich sonst etwas grossartiges vollbracht habe, etwas weshalb man sich an mich erinnern wird. Ich denke nach und gerate in Bedrängnis, denn es fällt mir nichts ein. Das Jahr ist vergangen und ich habe schöne Stunden erlebt, war oft zufrieden mit meinem Leben und habe manchmal gehadert. Nur! Das Buch ist immer noch nicht fertig. Ich schäme mich, mir dieses für das nächste Jahr vorzunehmen, weil ich mir selber misstraue. Anstatt, dass ich meine Arbeit, mein Schreiben, mein Muttersein und all das, was ich im Stillen tue, würdige, verachtet mich diese andere Seite in mir, weil ich ihr nichts grandioses vorzuweisen habe. Das ist mies! Nicht wahr?
Glücklicherweise lese ich viel und zwei Sätze aus einem Buch, „Big Magic“ von Elisabeth Gilbert (der Autorin von„Eat, Pray, Love“), habe ich mir an den Kühlschrank gepint zum Thema Kreativität, Projekte verwirklichen und seiner Leidenschaft folgen:
Done is better than good.
What makes you finish it, is not discipline, it’s self-forgiveness.
So finde ich schnell und elegant einen Weg zurück zu meiner lebensbejahenden und mich fördernden Seite und nehme mir vor, einfach weiter zu machen, mit meinen Projekten, meinen Träumen und mir meinen offenen Blick für das Schöne zu bewahren. Die Erinnerung an alles, was mir geschehen und begegnet ist im Leben, Gutes wie Schlechtes, Glück und Trauer, werde ich pflegen und alles aufschreiben, irgendwann, irgendwie, sodass nichts verloren geht. Ich werde auch die andere Seite und ihre Stimmen zu Worte kommen lassen, denn sie gehört auch zu mir, wie zu vielen anderen Menschen auch. Ich gebe ihr einen Platz und höre zu, so verliert sie ihre negative Kraft und lässt sich vielleicht von meinen Gegenargumenten überzeugen.
So freue ich mich jetzt auf ein neues Jahr, das mir meinen Erlebnis- und Erinnerungsschatz weiter anreichern wird. Der Stoff wird mir nie ausgehen!
Ein frohes Neues Jahr!