„Die Zeit hat eine haptische Form angenommen.“ Diese Worte weckten mich aus dem Halbschlaf und zwangen sich mir auf, schufen sich ihren Platz zwischen meinen verknoteten Gedankenschlaufen und meinem hustenden Morgenringen.
Wie auf einem Gemälde mit pastos aufgetragenen Pinselstrichen scheinen sich meine Hustenattaken dominant in das Tages- und Nachtgeschehen zu malen und bestimmen die Szenerie. Einzelne Sequenzen von verzweifeltem erschöpften Reiz, der mich und die beteiligten Organe vorwärtspeitscht getrieben von der Hoffnung auf Erlösung und Erleichterung, von Schmerzstichen im Rücken und Zwerchfell, die sich wie dünn gezogene, pointierte Linien in den dunklen Hintergrund zeichnen, an dem ich Halt suche und zuletzt blass und verwischt am fernen Horizont eine kleine Pause um die mageren knochigen Kräfte neu zu sortieren für die nächste Attacke und die Anforderungen des Tages. Diese wölben sich gewaltig vor mir auf, Hügelketten gleich, grosse dunkle Formationen, die das nächste Husten aus mir herausquetschen und Unversehrtheit und Vitalität einfordern. Die Fürsorge kennt keine Form, wabert wie ein kleines Räuchlein weg durchs geöffnete Fenster, Erwartung fliegt davon. Weit weg mein grosser Tag, scheint mir nicht mehr fassbar, verwischt von dieser sich überall vordrängenden zerstörerischen Körperlichkeit, die die Stille zerreisst und meine Moral zertritt, mich durchkaut und zermalmt und meine inneren Töne verklebt mit zähem Schleim.
Zeit reduziert, doch mächtig, übergross ihr Programm, verdrängt mir Wichtiges, zerdrückt das Lachen und hustet gelbgrüne Krankheitsherde in die innere Landschaft.
Ich hoffe auf reinigende Dämpfe und auf Heilung. So will es die Natur und so will ich es, aber die Zeit formt sich selber aus und nicht nur sich, sondern sie drückt das Geschehen und mit ihrer Nachhaltigkeit auch meine Emotion in ihre Schale. Ihr Rhythmus bestimmt den Gang und ihre Gestalt den Lauf der Dinge.