Im Wechsel und mir selber treu

Noch ein wenig erschöpft, mit schmerzendem Nacken, das Gesichtsfeld ein wenig verschoben, der Blick noch glasig sitze ich in meinem Bett und versuche zu schreiben. Ich habe diesen Herzenblühen-Blog begonnen mit der Absicht über die Wechseljahre zu berichten, den Lesern, natürlich vor allem Frauen, Mut zu machen, dass neben den lästigen körperlichen Beschwerden auch eine geistige Wandlung stattfinden kann und soll.

Irgendwann habe ich von weiteren Schilderungen meines persönlichen Erlebens abgesehen, eine Pause eingelegt, weil mein nächtlicher Kampf mit Hitzeattaken und damit verbundener Schlaflosigkeit nicht zur Ermunterung der LeserInnen hätte führen können, sondern wohl eher Panikattacken hinsichtlich zukünftiger Hormonverschiebungen ausgelöst hätte.

Nun, die einen trifft’s gar nicht. Wechseljahre, was ist das? Hatte ich nie! Die Glücklichen!

Die anderen lassen sich beim Frauenarzt beim ersten Flush Hormone verschreiben und dann ist die Sache meist auch geritzt.

Die Sache mit dem Brustkrebsrisiko ist sowieso umstritten.

Dann gibt es noch die bewussteren Fälle, wie mich. Dass ich zu den schwer geplagten gehören sollte, das wusste ich vor ungefähr zwei Jahren, als es anfing noch nicht. Ich wollte keinesfalls Hormone nehmen und bin auch jetzt noch immer dabei die ganze Palette an natürlichen Substanzen durchzuprobieren in der Hoffnung irgend etwas möge helfen: Traubensilberkerze, Salbei, Granatapfel und Mönchspfeffer, Yamswurzelcreme, Homöopathie und Akkupunktur, eine Darmsanierung – verordnet gegen das üble Nesselfieber, das mich in der grossen Sommerhitze zusätzlich quälte – auch entlastend für die Leber, die übrigens auch heizt, auch bei angestauter Wut!

Im naturheilpraktischen Umfeld wird das Problem ganzheitlich betrachtet. Das überzeugt mich und darum habe ich mich auf diesen Weg begeben, neben dem körperlichen auch die seelischen Aspekte zu durchleuchten, also auch diese Wut, die meine Leber aufheizt.

Sich durch die Einnahme all der beschriebenen Mittelchen körperlich eine Verbesserung, Linderung der Beschwerden zu verschaffen, ist die Hoffnung, doch verlangt mein System wohl auch die innere Wandlung, ganzheitlich folgerichtig, aber ungleich schwieriger zu erreichen.

Doch, wenn ich ehrlich bin, wollte ich den Wechsel ja von Anfang an so verstehen und ernte körperlich, wovon mein Geist schon überzeugt ist.

Nun läuft unser Leben ja zyklisch ab – die Anthroposophen sagen in Siebnerzyklen. So ab 42 gilt es nochmals zu überdenken, was in früheren Jahren an Wünschen, Begabungen und Talenten begraben wurde und was wir davon jetzt wieder hervorholen und neu entfalten möchten.

Ich bin bald 52 und immer noch in diesem Prozess. Vor allem arbeite ich immer noch daran mich von alten Prägungen frei zu machen – Fremderwartungen belasten und schüren wohl besagte Wut.

Es ist nicht mehr alles möglich im Leben, das ist mir klar geworden. Trotzdem ist einiges aufgebrochen, wollte sich nochmals manifestieren, endlich beachtet werden und verlangt nach einem Wandel.

Der Wechsel von der körperlichen zur geistigen Mutterschaft vollzieht sich. Die Kinder müssen wir loslassen, ziehen lassen in ihr eigenes Leben. Es ist Zeit sich um die eigene, geistige Mutterschaft zu kümmern. Das heisst auch –  spätestens jetzt, endlich anzuerkennen, was für einen anspruchsvollen und guten Job wir gemacht haben, obwohl die Gesellschaft uns dafür immer noch keine oder viel zu wenig Wertschätzung entgegenbringt.

Die Wechseljahre sind unbestritten eine Zeit des Umbruchs, körperlich und geistig. Sie ausgeschlafen zu durchleben wäre wünschenswert und darum frage ich mich manchmal, ob ich mir nicht ein paar Hormone einwerfe um weniger aufgeheizt, bei klarem Verstand meine nächsten Schritte zu planen. Schliesslich will ich mich jetzt endlich entfalten!

Das Leben ist voller Widersprüche – immer schon! Wir können nur uns selber immer treu bleiben.