Im Tagi-Magi von gestern steht dieser Artikel von Katja Früh: Alles, was ich weiss oder Mein Leben in 12 Lektionen. Frei nach Sokrates, der mir übrigens auch schon begegnet ist, und auch mir ist bewusst, dass ich nichts weiss. Obwohl ich vielleicht noch ein paar Jahre – höchstens zehn – jünger bin als sie, ist mir diese Gewissheit, schon vor einer Weile eingefahren. Und immer wieder einmal, wenn es mich heiss überkam und ich endlich den Stein des Weisen gefunden zu haben meinte – man kann solche Ereignisse ja an einer Hand abzählen – dann wurde ich sehr schnell eines Besseren belehrt. Soviel zu unserem Wissen über die Welt oder das Leben.
Ebenso sicher ist, dass sich neben der fehlenden Weisheit über ein glückliches Leben, die Muster, die uns unglücklich machen, klar und deutlich abzeichnen und trotzdem ebenso hartnäckig wie zerstörerisch in uns eingraben und an uns anhaften.
Warum so? Die Antworten sind vielleicht ebenso schnell gefunden und haben damit zu tun, dass diese unsäglichen Wiederholungen, die wir so mühsam bekämpfen und doch so selten loswerden, irgendwann ihren Sinn machten und uns oder unsere Vorfahren vor noch Schlimmerem bewahrten. Aber eben schon lange nicht mehr. Trotzdem kämpfen sie hartnäckig um ihren Sitz in unserem Unterbewusstsein, selbst wenn wir sie schon lange, sehr bewusst auszutricksen versuchen.
Nun, ich gebe es zu, ich strotze momentan diesbezüglich nicht gerade vor optimistischer Kraft, nein vielmehr hat mich mein derzeitiges körperliches Hinken in eine gewisse Erschöpfung getrieben.
Das Erforschen wahrer Gründe zwecks finaler Aufarbeitung hat durchaus auch eine depressive Kraft. Das Studium meiner alten Tagebücher aus der Jugendzeit war nicht wirklich energiespendend und ich frage mich ob solches Tun wirklich zur Klärung gereicht. Klärung wovon? Warum man keine Hilfe bekommen hat? Warum alle zu sehr mit sich selber beschäftig waren? Weil Depression oder verträglicher gesagt Melancholie gerne unter den Teppich gekehrt wurde oder abgetan als hormonelle Störung? Jung und störrisch? Störend? Einfach pubertierend?
Junge in Ausbildung sollen Leistung bringen und froh darüber sein, dass sie überhaupt die Möglichkeiten bekommen, die ihre Eltern nicht haben.
Und später dann? Der falsche Freund, der falsche Mann, der falsche Job – irgendwie das falsche Leben? Noch jetzt, kann ich das nicht einfach von der Hand weisen. Noch jetzt versuche ich Erwartungen gerecht zu werden, die sich in mich eingeätzt haben. Vielleicht liegt es ja an mir? Aber dann auch: Die richtig tollen Kinder, ein neuer, guter Mann, schon so viel geleistet. Wo bleibt die Anerkennung? Es liegt an mir!
Wie Katja Früh schreibt werden Eltern irgendwann zu inneren Eltern und die quälenden Stimmen, die uns einflüstern, wie wir zu sein, zu denken und zu handeln haben, verstummen nicht einfach – auch wenn wir sie schon lange nicht mehr hören möchten.
Vielleicht werden sie wirklich irgendwann leiser und wir können darüber lachen oder ihnen freche Antworten geben.
Doch die Wut über so viel vertane Zeit und verpuffte Energie im Kampf gegen die Einflüsterer, bleibt.
Sobald ich weiss, wie man sich davon befreit werde ich es Euch alle wissen lassen. Wirklich!