Montagmorgen Herbstmonat

Montagmorgen und erster Herbstmonat. Die Clichés kriegen Futter. Ich bringe meine Tochter zum Bahnhof und schaue in ein paar griesgrämige, düstere Montagmorgengesichter. Der Himmel spiegelt grau verhangen den Nachwochenendblues und die Enttäuschung über den vergangenen Sommer, der keiner war. Ich bemitleide all die Hastenden auf dem Perron, die sich für ihre Arbeit in komische pseudoelegante Schalter- oder Bürokleidung gezwängt haben, Frauen die wegen zu enger Röcke, adretter Blusen und hochhackigem Schuhwerk nur mit Milimeterschrittchen ihrem Zug entgegentippeln können und ein paar Beanzugte, die hochkonzentriert ihre Smartphones studieren. Glücklicherweise mischt sich eine Schar laut schnatternder und kreischender Schülerinnen in die Bahnsteigdepression und bringt ein bisschen junge Lebenshoffnung in die Düsternis. Auch meine Annina lässt sich von solcher Stimmung nicht beirren. Sie freut sich auf eine neue Woche im Theater Hora und möchte nur, dass ich möglichst schnell verschwinde, damit sie ihren Weg selbständig machen kann. Gut denn, dann gehe ich halt, trolle mich davon, wenn sie mich nicht mehr braucht! Ich bedaure noch ein wenig die armen Menschen am Bahnhof von Wädenswil und freue mich, dass der Montagmorgen für mich keine Schrecken birgt. Ich werde jetzt zuerst einen Kaffee trinken und dann meinen Blog schreiben. Das Zügelfinish und das Putzen des verlassenen Büroraums habe ich auf später verlegt, auf dann, wenn sich der Tag schon wirklich gut anfühlt. Wenn man seine Arbeit liebt, verliert auch der Montagmorgen seinen Schrecken und vielleicht freuen sich ja auch einige von denen, die auf ihren Zug warten, am Bahnhof von Wädenswil, auf ihre Arbeit. Es ist ja auch nur ein Cliché, dieser Montagmorgen, und ich hab da im Morgentaumel einfach zu viel hineininterpretiert. 🙂