Tant pis!

Letzte Woche Sommerferien! So viel wurde im Vorfeld zu diesen Ferien geschrieben. Einige Hoffnungen waberten auf Hitzewolken dahin und viele Erwartungen standen auf heissem Boden.

Sicher sind diese Sommerferien –  in den südlicheren Ländern Ferragosta genannt, weil im August stattfindend –  alljährlich mit viel Familienstress und Packmarathons verbunden, aber schlussendlich auch mit Ausgelassenheit, Sommerstimmung, Badefreuden, Meeresdüften, reiner Alpenluft, kulinarischen Leckerbissen unserer südlichen Nachbarn und ausgelassenem Beisammensitzen bis tief in warme Nächte. Die Liste der vielen schönen Möglichkeiten liesse sich endlos fortsetzen.

Genau diese Liste macht es mir jedes Jahr schwer, den Sommer in Leichtigkeit und Unbeschwertheit zu geniessen und es sind doch genau diese Eigenschaften, die wir dieser Jahreszeit so gerne zuschreiben. Meine Liste ist voll, prallvoll mit so vielem, das ich im Sommer tun möchte und meine Sommerträume lassen schon den Mai erstrahlen und die Hoffnung erblühen auf wunderbare Sommermonate.

Grosse Erwartungen und schöne Träume! Kaum ein Sommer kann sie wirklich erfüllen. Es ist wie sonst auch im Leben. Es kommt oft anders als man denkt. Plötzlich dauerregnet es einen Sommermonat lang oder zumindest immer dann, wenn man die ultimative Gartenparty geplant hat oder  – und das ist noch viel abstruser und auch seltener – es ist zu heiss, wie jetzt.

Wir haben uns also jahrelang einen abgejammert, dass die Sommer keine richtigen Sommer mehr sind und jetzt erleben wir eine Hitzewelle, die sich gewaschen hat und können auch damit nicht wirklich umgehen. Es ist uns einfach zu heiss und wir dürfen’s nicht mal offen sagen, weil wir den Sommermythos nicht anzutasten wagen.

Ich habe Nesselfieber gekriegt vor lauter schwitzen und in unserem Haus hat es plötzlich Mäuse, die Fliegenplage ist langsam, aber sicher unerträglich und auch die Wespen nerven bei jeder Mahlzeit, die wir im Freien einnehmen. Des Nachts liege ich wach und wälze mich in meinem Schweiss und schicke heimlich Stossgebete ‚gen Himmel, dass es doch endlich bald einmal so richtig regne – und zwar länger.

Und wenn ein neuer strahlender Tag sich mit traumhaft schöner Morgenröte ankündigt, kriege ich den Planungsstress, weil ich nicht weiss wie ich diesen schönen Sommertag auch optimal nutzen kann, ohne meine Arbeit zu vernachlässigen oder meine Tochter, die bei mir in den Ferien ist. Wie soll ich dem Sommer, meinen Erwartungen und meinen sonstigen Verpflichtungen gerecht werden?

Im Stillen bin ich dann manchmal froh, wenn diese vermaledeiten Sommerferien endlich vorbei sind und es kühler wird im Land. Der normale Tagesablauf ist wieder möglich und ich muss mich nicht immer fragen, ob ich den Tag auch gebührend genossen habe. Ich kann arbeiten ohne immer diesen Impuls zu verspüren, baden gehen zu müssen oder zu wollen – das kann ich übrigens kaum noch auseinander halten.

Dem Herbst muss ich keine Referenz erweisen und ich fühle mich nicht verpflichtet ihm gerecht zu werden. Der Herbst ist einfach schön und ich kann ihn geniessen. Ich freue mich darauf.

So, nun fällt es mir leichter den Sommer loszulassen. Mit leiser Melancholie lasse ich ihn ziehen und trauere damit all den verpassten Möglichkeiten dieser grossen Jahreszeit nach. Tant pis!