Tod – ein Wechsel ohne Perspektiven

Meistens schreibe ich hier auf meinem Blog über den Wechsel. Anfänglich waren es meine Wechseljahre, die mich umtrieben. Sie tun es noch.

Dann wurde mir schnell klar, dass das Leben mich auch sonst vor immer neue Veränderungsanforderungen stellt, worüber ich schreiben könnte, sei es dass meine Kinder gross werden, sich verändern, abnabeln und schliesslich ausziehen oder dass ich meine eigenen Standpunkte immer wieder neu überdenken muss und allenfalls ändern will um meiner speziellen Tochter eine möglichst fördernde ressourcenorientierte, aber ebenso wertschätzende achtsame Begleitung zu gewährleisten. Das Leben mit anderen Menschen ist immer ein Wechselspiel. Gefühle können sich verändern, Familienbande und Freundschaftsbande werden geknüpft und manchmal auch wieder aufgelöst. Da ist auch diese grosse Beziehung – Liebe und leider manchmal auch Abneigung, Verunsicherung –  die wir mit uns selbst haben.

All dies treibt uns um, macht uns glücklich, nachdenklich, wütend, traurig, all dies ist erfüllt mit Leben und im Fluss.

Doch im Hintergrund lauert auch eine Kraft, die die Macht hat den Fluss aufzuhalten und uns einen definitiven Wechsel aufzuzwingen, gegen den wir machtlos sind, dem wir nichts entgegenzusetzen haben, dem kein Perspektivenwechsel beikommt. Die dunkle Eminenz lässt nicht mit sich handeln. Sie holt sich, was sie will und wann sie will, diese schwarze Krake, die ihre tödlichen Krebsgeschwüre in die Menschen pflanzt, ungeachtet ihres Alters und ihrer Hoffnung.

Vor ein paar Tagen ist ein lieber Freund gestorben. Darum diese Schreckensworte. Nun muss ich mich mit dem Wechsel vom Leben in den Tod befassen, diesem Übergang, der uns allen einmal blüht und den wir doch tunlichst aus unseren Gedanken und unserem Leben ausschliessen. Darauf sind wir nie vorbereitet und immer erfasst es uns kalt, wenn jemand aus unserer Nähe gehen muss.

Ich versuche mich jeweils gedanklich in die Betroffenen einzuschrauben, stelle mir vor, wie es wohl ist, wenn man so krank ist, wie lange die Hoffnung anhält, wie sehr der Schmerz auslaugt, ob der Moment kommt, wo man wirklich aufgibt und loslässt, wieviel Zeit es braucht um abzuschliessen und ob man sie bekommt oder ob selbst darüber bestimmt wird. Ich ahne, dass ich es nie wirklich wissen werde bis zu diesem letzten Moment. Gleichzeitig drückt mich die Scham angesichts meiner Erleichterung, dass es nicht mich getroffen hat. Wer kennt sie nicht?

Wir dürfen weitermachen und sind doch Zurückgelassene, Menschen, die das Unverrückbare annehmen müssen, ob wir es verstehen oder nicht, ob wir ein Jenseits-, ein Gottes- oder ein sonstiges Konzept haben, das uns dabei hilft oder nicht. Selbst wenn wir es als äusserst ungerecht erachten, uns auflehnen und weigern wollen, schlussendlich hilft alles nicht. Ein Mensch ist gegangen und wir bleiben zurück.

Es bleibt uns nur, uns gegenseitig zu halten und zu trösten uns freuend zu erinnern an das, was er uns war und froh darüber zu sein, was wir noch haben.

Auch wenn es in den besonders dunklen Momenten für nahe Angehörige manchmal scheinen mag, als ob es nicht mehr weitergehen kann, so zwingt uns dieser Wechsel doch meistens zurück in unser Leben, das weitergehen will und organisiert sein muss. Es verlangt nach dem Alltäglichen und gerade dieses birgt oft die erste Heilung.

….. dies waren nur ein paar anmassende Gedanken. Wie es wirklich ist, kann jeder nur für sich beurteilen.