Vom Fliegen und Tanzen im Mond

Ich habe Annina ein Lied geschrieben. Nachdem wir vor einer Woche den französischen Film „la famille Bélier“ gesehen haben, singt sie nur noch „je vole“. Ich habe ihr dazu einen Text geschrieben in der Hoffnung, sie darf das Lied im Hora singen. Ihr Ausbildungsleiter wollte nicht. Schade! Manchmal befürchte ich, er hat sie aufgegeben. Seine Rückmeldungen sind nie gut. Er pickt sich immer das heraus, was nicht so gut lief. Dabei frage ich mich wirklich ob alle anderen nie….Ich meine, wir reden hier von einer Truppe Downies, fünf kaum Erwachsene mit Down Syndrom, einer mit Autismus. Die werden sich wohl alle mal nicht ganz regelkonform verhalten. Mann!

Ok, hab mich schon wieder im Griff! Mein Harmoniebedürfnis und mein Sicherheitsdenken kommen deftig in die Krise bei so viel Ungewissheit und wager Zukunft für meine Tochter. Ginge es um mich, dann wüsste ich was zu tun ist. Na, ja, vielleicht! Dann wäre ich auf jeden Fall selber schuld, wenn ich es verbocke.
Eigentlich ist es ja bei meiner Tochter dasselbe. Wieso meine ich nur immer, ich könnte es für sie richten?
Ich wünsche mir einfach, dass sie beim nächsten Stück mitspielen kann und eine Rolle bekommt, die ihren Fähigkeiten entspricht. Ja, ich will, dass sie endlich zeigt, was sie kann, nachhaltig, kraftvoll, engagiert. Sie soll dabei sein, mit Leidenschaft! Das will ich!

Da haben wir’s! Will sie es auch? So sehr wie ich? Vielleicht nicht. Oder die Hormone tanzen noch zu wild und bringen sie durcheinander. Wieviel Zeit bleibt ihr noch? Ich bekomme keine Antworten mehr. Die andere Seite ist stumm. Ich war wohl zu drängend, zu forsch, zu verbissen? oder zu aufdringlich, einfach zu…. schon wieder!? Das ist jetzt ein anderes Thema, meines! Interessant vielleicht, aber nicht unbedingt wichtig. Ausblenden!

Weitermachen, anziehen – loslassen – warten. Geduld, die grosse Tugend meldet sich aus einer dunklen Ecke. Warum habe ich sie da vergessen? Sie ist mehr gefragt, denn je. Da ist auch irgendwo noch der Glaube an gutes Gelingen oder dass es kommt wie es muss. Ein bisschen abgedroschen alles, langsam ausgeleiert, ausgelatscht und trotzdem immer wieder hilfreich.

Eine neue Erkenntnis wird es wohl nicht geben. Die wird selten geliefert, am wenigsten, wenn man sie sich verzweifelt herbeiwünscht.

Ich wechsle jetzt schnell den Standpunkt. Die sonnigeren Fleckchen behagen mir einfach mehr. Annina und ich hatten gute Tage zusammen, letztes Wochenende und dieses eben vergangene Wochenende, lustige, aufgeräumte, klare, helle Zeiten. Die Rückmeldung aus der Stöckenweid sind auch durchwegs positiv. Darauf baue ich, darauf soll sie bauen können.
Die Ressourcen bringen sie weiter, nicht die Defizite. Das muss doch wieder einmal mit Vehemenz gesagt sein.

Anninas Lied (Melodie „je vole“ von Michel Sardou):
Ich bin use gange i di dunkli Nacht
Ich ha kei Angscht gha,
Well det obe die grossi Chugle uf mich abeglueget het

Ich han zum Mond gluegt
Und gwüsst, s’isch Ziit

Liebi Lüüt, lönnd mich los,
Verschtönds richtig, lönnd los
Denn ich flüg jetzt devo – ich flüg, ich flüg

Ich will tanze im Mond,
verschtönds richtig – im Mond
Drum flüg ich devo – ich flüg, ich flüg

Es isch wichtig, dass ich min Weg cha ga
und kei Angscht muess ha
well Eui Liebi mich begleitet

Ich träume gern und tanz und sing
im Mond, da schiint’s mir ring

Liebi Lüüt, lönnd mich los,
Verschtönds richtig, lönnd los
Denn ich flüg jetzt devo – ich flüg, ich flüg

Ich will tanze im Mond,
verschtönds richtig – im Mond
Drum flüg ich devo – ich flüg, ich flüg

lala, lalalala, lalalalalala…….