Der Himmel ist verhangen, die Wiese nass von Herbsttau und gestrigem Regen. Schon frühmorgens bin ich jetzt unterwegs – seit ich den Hund hab. Die Landschaft ist still. Kein Mensch begegnet uns. Es kommt eher vor, dass ich plötzlich in ein paar dunkle Rehaugen schaue. Gebannt stehen wir zwei dann da bis Ablenkung auf vier Pfoten herantrollt. Der Paarhufer nutzt die Gelegenheit, galoppiert durchs orange Farnfeld davon und verschwindet im Unterholz des nahen Waldes.
Der Wald ist nassdunkel, tannengrün und rotbraun gelb das Laub, das sich schon verfärbt. Lärmende Vogelstimmen hoch oben in den Wipfeln, zwitschern, zwartschen, klopfen, schnattern, knattern, krähen, kreischen, fiepen und begleiten unseren Marsch durch dichtes Dornengestrüpp, das sich in meine Hosen krallt. Hier soll wohl kein Durchkommen sein, nicht für Mensch mit Hund. Ich kämpfe mich trotzig durchs grüne Dickicht, Kindheitserinnerung im Kopfgepäck. Der Wald gehört jetzt gerade mir und der Wolf begleitet uns in gebührendem Abstand. Moose, raschelndes Laub und Fuchshöhlen nehmen die Fantasie bei der Hand. Troll und Fee lugen zwischen Wurzelstöcken und hinter dichten Borkenrinden hervor und entwurzelte Bäume strecken mir ihre nackten Strünke entgegen. Die Wurzelwelt ist die Heimat der Zwerge und Heinzelmännchen, so hab ich das den Kindern einst erzählt.
Die Kinder sind ausgezogen, aber die Geschichten und ich, wir bleiben mit dem Wald verwachsen.