Was will mir das jetzt sagen?

Dies ist meine letzte Ode auf diesen Sommer. In den nächsten Tagen soll er uns laut Wetterprophezeihung nochmals mit seiner ganzen Hitzeskraft beglücken. Die Radiomoderatorenstimmen überschlagen sich vor Freude.

Mir wird heuer Angst und Bang. Anstatt dass ich noch eine letzte freudige Sommerrunde drehe, mich nochmals fett in die Sonne lege um die letzten Strahlen meine Haut bräunen und aufwärmen zu lassen, Sonnenenergie zu tanken für die kältere Jahreszeit, erwäge ich diese Tag hinter heruntergelassenen Jalousien im Inneren meines Hauses zu verbringen.
Dies nicht, weil sich die vielbesungende Spätsommermelancholie zu einer deftigen Depression verschärft hätte. Das könnte unter den gegebenen Umständen allerdings noch passieren, denn ich habe das Nesselfieber und zwar arg und schon seit Wochen. Hausarzt, Hautarzt, Antihistamine, Akkupunktur, Schüsslersalze, Quarkpackungen, Aloehautemulsion, kühlender Tee, keine Rohkost am Abend und kein Alkohol. Ich sehe aus wie ein Zombie, kratze mir wie eine Besessene die Haut von den Knochen und bemühe mich möglichst auf Halbmast zu laufen, damit mein Körper sich nicht erhitzt, denn ich bin wohl auf meinen eigenen Schweiss allergisch. Meine Tapferkeit im Kampf der Hormone hat sich wohl nicht ausgezahlt. Der Hitzesommer und die starken Wallungen, verbunden mit der Schlaflosigkeit, waren wohl zuviel für meinen sonst so abwehrstarken Organismus. Ich kann ihn ja verstehen, versuche mich jetzt zu schonen, fühle mich sowieso krank, weil mir der ewige Schlafentzug neuerdings auch noch Schüttelfröste beschert.
Bin ich gerade am Jammern? Schrecklich nicht? Aber ich sage Euch, ich könnte den Humor verlieren, vor allem, wenn ich hysterisch zum Hautarzt renne, weil es immer schlimmer wird, der Ausschlag nicht mehr nur nachts kommt, sonder einfach bleibt und sich vermehrt und ich fürchte, dass er sich in meinem Gesicht ausbreitet und der Arzt mich beruhigt, dass dies eigentlich kaum passiert und ich am nächsten Morgen beim Blick in den Spiegel in ein verschwollenes Zombiegesicht schaue. Da kann einem doch das Lachen vergehen, oder? Ja? Danke für das Mitgefühl.
Schnell weg, bring ich diese Nesselsucht nicht. Niemand weiss, wie lange es geht. Ich muss mich wohl vorerst darauf einstellen und meine Haut päppeln, mich umsorgen.
Und ich frage mich, was mir die Geschichte sagen will. Soll ich mir besser schauen? Nicht immer so fordernd sein? Mich mehr über die kleinen Erfolge freuen? Einen Schritt nach dem anderen nehmen, statt drei Stufen auf einmal? Muss ich mich entscheiden, das zu tun, was mir am meisten am Herzen liegt und gewisse Nebenschauplätze verlassen, auch wenn es dort spannend ist? Bin ich zu alt um auf vielen Hochzeiten zu tanzen? Muss ich meine Kraft bündeln, sodass ich sie nicht unnötig verzettle und verliere?
Das könnte alles zutreffen. Ich werde natürlich nirgends im Aussen eine klare Antwort bekommen und die Möglichkeit besteht, das ich mit meinen Gewohnheiten weitermachen werde, sobald ich wieder gesund bin. Eigentlich habe ich mir versprochen zukünftig meinen Körper zu mögen und achtsamer mit ihm umzugehen. Auch seine jetzt fülligere Version soll mir recht sein und seine Signale möchte ich erhören.
Denn eins ist klar, wenn wir nicht immer nur auf diese lauten Antreiberstimmen hören, dann werden die leiseren Töne in und um uns wahrnehmbar. Da ist wohl auch die Antwort zu finden.
Jetzt reibe ich mich mal mit Quark ein und hoffe auf kühlende Linderung.