Wenn wir nur einen Teil leben….

…. gestern lief „Nachtzug nach Lissabon“ am Fernseher. Der Film hat mich sehr beschäftigt, getroffen und berührt.

Es ist morgen und ich habe sicher davon geträumt. Ich bin gerädert und ich habe keine Antwort auf die grosse Frage gefunden.

Wenn es so ist, dass wir nur einen kleinen Teil von dem leben können, was in uns ist – was geschieht mit dem Rest?

… was geschieht mit dem Rest? Vergessen wir ihn, verkaufen diese Gaben, Möglichkeiten und Wünsche an der Gabelung zum einzig möglichen oder vernünftigen Leben? Oder tragen wir diese schwere Last an Nichtgelebtem mit uns durchs Leben – hoffnungsvoll auf die Zeit wartend, die uns die Chance gewähren möge, dies Brachland zu beblühen? Oder versuchen wir wenigstens bruchstückhaft auch dem schlafenden Rest ab und zu einen Auftritt zu gewähren, ihn zum Leben zu erwecken um dann irgendwann verzweifelt aufgeben zu müssen, weil die Zeit eines Lebens nicht reicht, seine volle Kraft auf viele Leidenschaften zu verteilen. Die Liebe zu einer Sache fordert das ganze Sehnen, alle Energie und auch Mut. Wie kann ich das auf mehrere verteilen? Vielleicht so, wie ich die Liebe auf mehrere Kinder verteilen kann ohne sie schmälern zu müssen? Sie multipliziert sich.

Kann sich die Kraft eines Menschen, die ihm in seinem Leben zur Verfügung steht auch vervielfältigen? Bleibt nicht immer etwas auf der Strecke? Was ist der Preis? Picassos Schlachtfeld an unglücklichen Frauen und Kindern? Gilt es immer einen Preis zu bezahlen? Muss man um das eine zu tun, das andere lassen oder in der Vervielfachung: lässt das Mulittalent auch die grösseren Ruinen hinter sich? Ist das Multitalent denn die Antwort?

Generiert erst der Erfolg die Mittel um überhaupt die Wahl zu haben seinen Neigungen zu folgen? Oder braucht es die Hingabe an seine Neigungen an den Teil oder die Teile, die in uns sind um überhaupt erfolgreich zu sein? Was ist überhaupt Erfolg und ist er von Bedeutung? Er ist sicher Bestätigung und Aufforderung weiterzumachen. Doch sollte er wohl nicht der Antrieb sein.

Es ist von entscheidender Bedeutung sich selbst zu kennen und das, was in uns ist. Dann braucht es Mut und Entschlossenheit und die Möglichkeit sich zu entfalten. Und auch da folgt uns die Frage bei Fuss, wieviel davon – selbst bei optimalen Bedingungen – wir überhaupt schaffen.

Ich werde wohl keine schlüssige Antwort finden, ausser der, dass es vielleicht möglich ist mehrere Teile von dem zu leben, was in uns ist. Was mit dem Rest geschieht? Er gärt und drängt, zieht sich wieder zurück, enttäuscht, krankt wird betrauert und begraben und in anderen bewundert oder geneidet. Ob wir ihn je vergessen? Das bezweifle ich.