Mein Wechsel ist irgendwie uninteressant geworden. Die Beschreibung von unwillkommenen Schweissausbrüchen in Situationen, die Coolness erfordern und das Nachdenken über hormonelle Vorgänge und ihre Auswirkungen auf meine Psyche, wie auch dieses hyperaktiv zur Schau gestellte positive Herangehen an fortschreitende Alterungsprozesse langweilt doch mit der Zeit ein bisschen und kann nicht ewig verkostet werden.
Darum habe ich mich entschlossen über meine Tochter zu schreiben, die durch ihre Behinderung, Beeinträchtigung, Handycap oder wie auch immer wir das nennen wollen, sollen, sehr viel Denkstoff zu sehr aktuellen Themen liefert, zu Themen mit denen wir uns alle auseinandersetzen sollten.
Damit meine ich nicht nur Fragen der pränatalen Diagnostik, der Integration, IV-Renten, Ausbildungsmöglichkeiten oder -grenzen, sondern vor allem sehr persönliche Lebensfragen hinsichtlich unserer Akzeptanz, unseres Mitgefühls und unserer Kongruenz. Gerade mit Letzterer wurde ich in letzter Zeit sehr direkt und intensiv konfrontiert. Wie echt bin ich? Was macht mich aus? Lebe ich meine Bestimmung? Bringe ich mich zur Blüte? Nur wenn ich mir im Klaren bin darüber und im Klaren sein heisst auch zu wissen, wo noch Verbesserungsbedarf ist, wo ich selber noch kranke, wo mir Altlasten im Wege stehen und Unverarbeitetes das Leben schwer macht, nur dann ist es mir möglich, meine Tochter zu begleiten auf ihrem Weg.
Für ihren Weg kann sie nicht alleine kämpfen, noch kann sie sich dazu klar äussern. Vielleicht sieht sie ihn auch nicht so klar abgesteckt vor sich, kann ihn eher gefühlsmässig erfassen oder auch nur erwünschen. Vielleicht ist nicht alles davon möglich, wie wir das auch kennen. Nicht alle Wünsche lassen sich erfüllen. Oft stehen wir uns selber im Weg mit unseren Aengsten und Unsicherheiten.
Ich muss ihr helfen, sie unterstützen dabei, herauszufinden wo es langgehen könnte, ohne es selber zu wissen. Ich darf es nicht wissen um nicht voreingenommen zu sein und sie in etwas zu drücken, zu etwas zu drängen, das ihr nicht entsprechen würde. Aber weiss ich es wirklich? Ja eben nicht!
Und dann ist da die Welt, die von uns allen so einiges fordert, dem wir uns auch stellen und manchmal unterordnen müssen.
Die Fehlerquote ist hoch und die Gefahr ihr mein Ding aufzudrücken erheblich. Kann ich’s ändern? Wohl kaum.
Achtsamkeit ist das Zauberwort.