Gesundheit ist ein Geschenk

Momentan liege ich meistens nur so herum mit diesem operierten Knie. Bewegung erschöpft sich im Humpeln an Krücken oder in den Kniebeugen, die ich auf der Kinetec-Maschine absolvieren muss. Vor und zurück, vor und zurück.

Plane ich einen Gang ins obere Stockwerk muss das wie eine Reise ins Ausland weit im Voraus  geschehen. Nach einer Stunde Sitzen am Computer bin ich erschöpfter als nach einer vierstündigen Radtour, Autofahren darf ich nicht und bin ans Haus gefesselt und ein Spaziergang im Garten verlangt meinen Kräften alles ab.

Postoperative Wehen und Medi-Flash!

Es geht vorbei, sagen alle, und es stimmt. Täglich wird’s ein bisschen besser. Immerhin bin ich mit der Kniebeuge schon bei 105 Grad. Wem das nichts sagt: 120 ist der maximale Radius der Maschine. Das künstliche Gelenk macht sowieso nicht viel mehr mit, dann kommt es an den Anschlag. Immerhin geht diesmal alles auch ein wenig besser und schneller als letztes Mal beim linken Knie und selbiges funktioniert schon fast einwandfrei. Nur bei 30 Grad im Schatten wird es beschwerlich. Dann fällt mir das stille Dulden und Warten auf bessere Zeit manchmal ein wenig schwer. Ich beisse natürlich die Zähne zusammen und tue tapfer. Ach ja, die Beissschiene soll ich möglichst auch tagsüber tragen.

Was bin ich doch für eine Heldin! Heldin im Kleinen. 

Gegen Jammerstimmung hilft ein wenig Humor immer, sagt man.

Trotzdem kommt sie ab und zu über mich, was auch sein Gutes hat. Ha, ha….. wie immer eine Frage der Perspektive. Aber im Ernst: Der Schmerz, dieses jammervolle Vor-sich-hin-leiden, es fördert mein Mitgefühl, und dies ohne langes Meditieren. Ich kann mir nun gut vorstellen wie es ist, wirklich krank zu sein, Dauerschmerzen zu haben, nie richtig gehen zu können. Ich weiss wie übel es ist, wenn einem dauernd schlecht ist, man nichts essen kann und sich nur schlaff vom Stuhl aufs Sofa und zurück bewegen mag und wie elend man sich fühlen muss, wenn man nicht mal Kraft hat Treppen zu steigen und immer auf die Handreichungen anderer angewiesen ist. Kleine Freuden an denen man sich hochhangeln kann, sind plötzlich sehr dünn gesät, einige sind einem ganz vergangen. So liegt man da und starrt an die Decke und veratmet  den Schmerz, während sich der Tag einkocht. Man hofft erschöpft einzuschlafen und im Schlaf neue Stärke zu finden, die hilft die Hoffnung zu bewahren und zu nähren.

Wenn ich daran denke, dass sich solches „Leiden“ ausdehnen kann und nicht immer nach ein paar Wochen passé ist, wenn ich daran denke wieviel gewisse Menschen auszuhalten haben und doch zäh durchhalten ohne den Glauben zu verlieren, dann gerate ich doch ins Staunen über deren Mut, ihre Durchhaltekraft  und Tapferkeit. 

Wenn meine postoperativen Wehwehchen abgeklungen sind, werde ich wieder wie ein junges Reh über Wiesen hüpfen. So hat es mir eine Freundin prophezeit. Und ich hoffe, dass meine Dankbarkeits-Schlaufe endlos sein wird, angesichts meines Körpers, der wieder gut funktioniert und mir so manchen Genuss und all die kleinen und grossen Freuden wieder ermöglicht, mir aber in den letzten Wochen vor Augen geführt hat, wie es auch sein könnte. Ich hoffe, ich werde das nie vergesse und ihn hegen und pflegen.

Denn: Gesundheit ist ein grosses Geschenk – eines der grössten überhaupt!

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