Heute über Mittag waren wir beim Thai zum Essen. Mit uns am runden Tisch sass eine Frau – alleine. Es schien mir als ob sie regelmässig hierher kommt. Das Lokal ist frisch renoviert und wird nun von der Tochter der Köchin geführt, da der eigentliche Besitzer, der Mann der Köchin nicht mehr so viel arbeiten wolle. Das haben wir von der Frau an unserem Tisch erfahren. Darauf fingen wir an auszurechnen wie alt dieser Heinz denn eigentlich sein könnte, denn auch wir kommen schon seit vielen Jahren, wenn nicht Jahrzehnten immer wieder mal hierher zu „unserem“ Thai. Wir kamen also auf Mitte Vierzig, och ein paar Jährchen jünger als wir!
„Müssen Sie auch schon kürzer treten?“ fragt mich darauf die Frau. Ich bin ziemlich baff. „Nein, sicher nicht!“ antworte ich mit Nachdruck. „Eben,“ sagt sie „ich auch nicht.“ „Eben!“
Jetzt sitze ich zuhause, es ist schon fünf Uhr und dunkelt langsam ein und ich frage mich und überlege ob meine Leistungsfähigkeit immer noch dieselbe ist wie vor zwanzig Jahren. Jetzt, wo der Abend schon schwarz zum Fenster hineinlehnt, merke ich schon eine gewisse Müdigkeit und mein Körper schaltet in den Abend- und Freizeit-Erholungsmodus, obwohl ich doch eigentlich noch arbeiten wollte. Und manchmal hatte ich schon den Gedanken, dass ich wohl am Abend meistens halt einfach müde bin. Doch sind wir das nicht alle nach einem arbeitsreichen Tag?
Ich kann darauf keine schlüssige Antwort geben, da ich sehr hart mit mir ins Gericht gehe, was meine Leistungen anbelangt, also meistens unzufrieden damit bin, weil ich noch mehr hätte tun können und wollen. Ja, ich bin eine dieser typischen Gefalltöchter, die sich ihr Recht auf Liebe, Wohlsein und auch Erholung immer wieder mal durch Leistung zu erkaufen versucht. Ein altes Muster, dass ich täglich entlarve und das mich trotzdem immer wieder mal kalt von hinten erwischt. Das ist ziemlich anstrengend und darum bin ich manches Mal doch auch müde von diesem ewigen Gerangel. Da das ja auch schon fünfzig Jahre andauert, könnte man schon auf die Idee kommen, es wäre an der Zeit mal ein bisschen kürzer zu treten. Eigentlich eine wirklich gute Idee und je länger ich mit dem Gedanken spiele, desto besser gefällt er mir. Kürzer treten heisst ja nicht unbedingt, dass ich weniger arbeiten soll. Ich interpretiere jetzt einfach mal ein bisschen um und werde mich weniger streng bewerten und mir mehr Zeit gönnen um meine Pläne zu verwirklichen. Dann habe ich weniger Stress. Das heisst ich trete nicht unbedingt kürzer, aber langsamer und bedachter auf.
Das ist wirklich eine gute Idee!