Der Frühling ist da. Ich glaube, man kann ihm jetzt endlich vertrauen. Diese Woche werden sogar frühsommerliche Temperaturen erwartet. Es ist Zeit und wir haben’s nötig – finde ich.
Die Fenster aufgerissen, das Haus durchlüften und den Kopf wieder klarkriegen nach langer Winterdüsternis. Die Glieder knacken noch leicht arthrosestur, aber mit der Bewegung im Freien wird sich das wohl geben und dann fühlen wir uns wieder wie Zwanzig oder sicher wie im zweiten Lebensfrühling.
Meine Hoffnungen auf die warme Jahreszeit sind hoch geschraubt, obwohl in mir schon seit über einem Jahr sowieso meistens ein tropischer Hitzesturm tobt. Meine kochenden Gliedmassen verlangen mehrheitlich nach Kühlung und ich habe keine Ahnung wie das bei Aussentemperaturen gegen die Dreissiggradmarke erträglich sein soll. Doch von diesen fiesen Hormonspielereien lasse ich mich nicht jetzt schon ins Bockshorn jagen und baue auf meine alten Träume von lauen Sommernächten und Schäferstündchen im Heu.
Meine Erfahrungsbilanz diesbezüglich ist ja eigentlich ziemlich mager und reduziert sich auf ein einziges Mal Knutschen im Kornfeld mit dem Sohn des Dorfbauern. Bequem war’s eigentlich gar nicht, durchzogen romantisch, weil immer etwas piekste und anschliessend bissen mich tagelang Spelzen, die noch in meinen Kleidern hingen.
Vor ein paar Jahren wollte mir mein Mann den alten Traum erfüllen und wir haben in einer Sommernacht draussen auf der Wiese übernachtet, mit Kindern, Kissen,Schlafsäcken und Decken, ein Abenteuer. Um zwei Uhr in der Nacht, bin ich aufgewacht, weil ich so gottsjämmerlich gefroren habe und mein Körper jede Unebenheit einzeln und schmerzhaft reklamierte, dass ich beschloss das Draussen-Schlafabenteuer abzubrechen und schnell ins Haus in mein Bett zu gehen. Leider hatte schon einer unserer Söhne dieselbe Eingebung gehabt, einfach früher als ich und hat dann auch noch das Haus von innen abgeschlossen.
Nun, meine vorsommerlichen Träumereien haben mich wohl ein bisschen auf Abwege geführt.
Eigentlich wollte ich nur anmerken, dass sich einige Träume im Laufe eines Lebens ändern können, gekoppelt an die Bedürfnisse, auch wenn man an anderen gerne festhält. Die Freude über den Frühling, die auch die Vorfreude auf den Sommer in sich birgt, ist in jedem Lebewesen angelegt, denn der Kreislauf des Werdens nimmt seinen Anfang und darin liegt die Hoffnung. Die Hoffnung auf das Neue und das erneuerte Alte spendet uns neue Energie und Freude.
Heute morgen habe ich mir diese eingepackt als ich schon früh in die Stadt fahren musste um meine Tochter zu treffen. Es war draussen und auch in mir drinnen noch ziemlich dunkel bis dämmrig als ich aufstehen musste. Ich habe Annina zur ihrem neuen Arbeitsplatz beim Züriwerk begleitet. Die nächsten drei Wochen wird sie Schockolädli einpacken und ganz profane Arbeitsluft schnuppern. Wer weiss, ob sie dann Hora und ihre kreative Arbeit nicht vermisst. Ich hoffe auf eine neue Richtung in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung.
Wie gesagt, es ist Frühling, Zeit der Hoffnung und des Werdens. Ich lass mich überraschen, was auch immer wird und wohin es führen soll.
Es wird gut sein – und auch wieder ändern.