Ich fordere Respekt für die Jugend!

Zeit ist vergangen, die Kinder ausgeflogen. Sie haben ihre ersten Erfahrungen ausserhalb des schützenden und irgendwann auch zu engen Nestes gemacht.

Diese waren, nicht nur schön. Mein Sohn, der letzten Herbst mit seiner Freundin in eine eigene Wohnung gezogen ist, schlägt sich fortan mit seinen Nachbarn und ihren Beschwerden herum. Er soll nicht rauchen – auch nicht auf dem Balkon, weil das riecht so. Grillieren ist prinzipiell verboten. Er soll keine Schuhe vor der Türe stehen lassen – auch keinen Schuhschrank. Er soll abends nicht mehr duschen – möglichst auch nicht vor 22.00 Uhr. Er soll die Waschmaschine nicht laufen lassen und am liebsten wäre es der Nachbarin von unten, wenn er gar nicht mehr herumgehen würde, denn er tritt zu laut auf.

Ich frage mich, wie es mit Sprechen und Atmen ist. Es fände sich sicher noch mehr, das störend ist, wenn man nur genug frustriert ist und seine Zeit damit verbringt zu suchen. Man weiss ja, diese jungen Leute machen einfach immer zu viel Lärm und haben keinen Respekt.

Mich wundert es nicht. Mir käme der Respekt so auch schnell abhanden.

Wenn junge Menschen auf ihrem Weg in die Selbständigkeit dauernd „benörgelt“ werden, kein gutes Haar an ihnen gelassen wird, werden sie kaum lernen ihre Bedürfnisse und Grenzen zu wahren, ebenso wenig die ihrer Mitmenschen. Und manchmal, da versucht man sogar sie zu übervorteilen, so ein wenig übers Ohr zu hauen. Die werden sich ja wohl nicht wehren, so jung und unerfahren sie sind….. und schliesslich gebührt den älteren Personen immer Respekt. Das haben wir ja alle mal gelernt.

Also, Ihr Jungen, duckt Euch, seid dankbar und demütig für alles, was ihr bekommt und seid nicht anmassend, falls Ihr nichts bekommt. Verhaltet Euch ruhig, auch wenn man Euch anscheisst und bescheisst. Wenn Ihr dann älter seid, könnt Ihr es dann auch versuchen – mit den Jüngeren. So geht die Hackordnung!

Jetzt – besser spät als nie – werde ich zum Revoluzzer: Wehrt Euch! Lasst Euch nichts gefallen! Setzt Euch ein für Eure Rechte, denn Ihr habt die gleichen, wie jeder Bürger dieses Landes. Ihr seid erwachsen und gleichberechtig. Schliesslich zahlt Ihr jetzt auch Steuern.

Leicht gesagt?

Haben wir es vergessen? Wir alle waren einmal jung. Können Sie sich noch erinnern, wie es war – damals? Es gab sie auch damals, die Eltern, die uns nicht verstanden, die Lehrer, die zu streng waren und manchmal auch die Alten, Nachbarn, Grosseltern, denen wir zu laut, zu frech und zu schmuddelig ware. Unsere Musik war für manche Ohren eine Beleidigung und unsere Ansichten brachten die Ideale unserer älteren Mitmenschen ins Wanken. Sie beriefen sich schon damals darauf: Früher war alles schöner, disziplinierter, unschuldiger – einfach besser.

So meinen Sie? Wirklich?

Eigentlich waren wir nicht schlechter oder besser als die Jugend unserer Eltern oder Grosseltern. Wir wollten die Welt entdecken und sie uns erobern. Wir wollten sie zu unserem Ort machen und vieles verändern.

Immer will sich die Jugend neu orientieren und immer muss sie mit dem kämpfen, was wir ihnen hinterlassen, sowohl dem Schaden, wie den Errungenschaften.

Doch nie sollten wir vergessen: Die Jugend ist unsere Zukunft, die Zukunft der Welt. Darum braucht sie unsere Unterstützung, nicht unsere Ablehnung, manchmal vielleicht unseren Widerstand um daran zu wachsen. Wir sollten junge Menschen fördern und sie dabei unterstützen ihre Ideen weiter zu tragen, unsere zu hinterfragen und weiter zu entwickeln um dem Alten Neues entgegen zu setzen.

Nur so können sie die schwierige Aufgabe erfüllen, diese Welt zu erhalten und sie irgendwann zu einem besseren Ort zu machen.

Ich freue mich über die Entwicklung meiner Kinder. Ich habe mich der Auseinandersetzung gestellt und das war manchmal wirklich hart für mein Mutterherz. Aber es hat sich gelohnt, denn meine Jungen können selber denken und nun tragen sie ihre Gedankenblüten stolz zu mir und ich darf teilhaben und manchmal wollen sie gar meine Meinung hören.

Nur so kann ein Miteinander von Jung und Alt entstehen – in Freiheit und gegenseitigem Respekt.

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