Ich weiss, dass ich nichts weiss

Der Countdown läuft und ich schlafe schlecht und doziere des Nachts über Coaching. Am Samstag wird die Sache real und ein bisschen Spannung und Nervosität muss schon sein – sagt man. Gemixt mit Kochwallungen und Schwimmen im nächtlichen Schweiss führt diese Konzentration auf das Thema aber auch zu einer gewissen körperlichen Ermüdung und ich bin wirklich froh, wenn ich dieses Seminar hinter mich gebracht habe. Mit Bravour natürlich, das ist mein Anspruch und der genügt mir so noch nicht ganz, denn eigentlich möchte ich es noch geniessen, da vorne vor all den Leuten zu stehen. Die Wiederholung wird es wohl bringen – sagt man auch.

Am Freitag wird auch die andere Sache für meine Tochter real. Freitag ist morgen und da muss sie sich entschieden haben. Sie hat! Auch wenn ich gerne die Uhr weiter ticken lasse und noch ein bisschen angehaftet bleibe am Traum von der Schauspielerei – Annina will den Schoggijob.

Ich bin mir bewusst, dass ich mich wiederhole und werde es tunlichst vermeiden die Loslasslitanei hier auch nochmals anzuhängen. Andererseits sind Wiederholungen im Zusammenleben mit Menschen mit Down Syndrom das Tagesgeschäft. Sie lernen nicht so schnell wie wir und sind darauf angewiesen, dass wir sie geduldig anleiten – immer wieder. Eine Herausforderung, wenn sie erwachsen werden und auch lernen sollen, dürfen ihre eigene Meinung zu bilden und zu äussern, ihren eigenen Weg zu wählen. Dabei unterstützend zu begleiten und es zu unterlassen eigene Vorstellungen zu projizieren ist wirklich keine leichte Aufgabe. Dies vor allem vor der Tatsache, dass jeder Mensch seine eigene Vorstellung von der Welt hat. Objektiv is nischt, gibt’s gar nicht. Wir können nur subjektiv in die Welt blicken. Wir meinen, uns wenigstens an einem „common sense“ zu orientieren, aber wenn wir das Denken über die Wahrnehmung weiter führen, zerbröselt auch der common sense zu einer schnöden Gruppenidee. Eine andere Gruppe, ein anderes System hat  eine andere Idee davon, was gut und richtig ist. Es gibt in diesem Sinne keine allgemein gültigen Werte. Sorry!

Aber zum Trost: es gibt sicherlich gut Werte, die uns das Zusammenleben in unserer Gruppe, in unserer Gesellschaft erleichtern und es ist sicher ratsam, sich an diese zu halten, auch wenn sie jeder wieder ein wenig anders interpretiert. Also doch common sense!

Bevor es zu verwirrend wird, schliesse ich den Kreis, versöhne mich hier einmal mehr mit dem Wissen, eigentlich nichts zu wissen und nehme es wie es kommt.

Ich knie mich jetzt in meine Vorbereitungen für mein Seminar, damit ich am Samstag mein Wissen möglichst spannend und kompetent weitergeben kann – mein Wissen, von dem ich weiss, dass ich’s nicht weiss……..

Arbeit bringt manchmal Entwirrung.