Annina geht jetzt plötzlich total gern ins Hora. Sie hat seit Samstag einen Freund aus dem Ensemble. Vielleicht bereut sie es jetzt sogar, dass sie beim Theaterstück nicht mitmachen kann, dass sie bald gar nicht mehr dabei sein wird. Darauf angesprochen, will sie dann doch nicht wirklich darüber reden. Ich raufe mir die Haare und krieg eine Krise.
Ich versuche sie klein zu halten und klammere mich im Loslassmodus fest.
Wenn alles schon aufgegeben ist, gehen manchmal unbekannte Türen auf – sagt man. Stimmt auch! Nur will ich es ja nicht schon jetzt zerreden oder vorwegnehmen und damit gar sabotieren.
Man sieht’s: ich drehe Schlaufe um Schlaufe, erwäge dies und das, suche das Beste für meine Tochter und muss die Entscheidung dann doch ihr überlassen. Und wieder…. und wieder wiederholen wir die Geschichte. Ich frage und bekomme verwirrende Antworten, ich frage nochmals und bekomme keine Antworten. „Hör uf Mami!“
So gestaltet sich der Umgang mit Down-Menschen: die Wiederholung ist ein entscheidendes Element, auch beim Lernen. Wir Normalos brauchen vielleicht fünf Wiederholungen, bis wir etwas begriffen haben, Menschen mit Down Syndrom manchmal fünfzig.
Ich müsste es wissen. Entscheidungsfindungen sollten immer auch im Lichte dieses Aspektes stehen. Manchmal vergessen wir’s in unserer Ungeduld und Getriebenheit.
Der Hora-Betrieb muss sich aber in gewissen Belangen anpassen um auf dem ersten Arbeitsmarkt zu funktionieren. Darum wird hier nichts mit fünfzig Wiederholungen.
Die zweite Woche von insgesamt noch acht hat begonnen.